2. Wie kommt der Hahn auf den Turm?

Einführung

 

Für den Hahn, der sich insbesondere auf katholischen Kirchtürmen befindet,  gibt es drei Deutungen, wenn man von seiner Funktion als Wetterhahn absieht. (Zum Wetterhahn ist er aus rein statischen Gründen geworden: Bei starrer Befestigung könnte ein Sturm ihn aus der Verankerung reißen und die Kirchturmspitze beschädigen.)

  1. Wann kräht der Hahn das erste Mal? bei beginnendem Sonnenaufgang. Der Hahn kündigt also das Licht des Tages an. Für uns Christen ist Jesus Christus das Licht:
    Jesus sagte: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben. (Joh 8,12)
    Ganz sinnenhaft erfuhren die Jünger dies auf dem Berg der Verklärung:
    Er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht. (Mt 17,2)
  2. Der Hahn ist ein Symbol der Wachsamkeit. Wachsamkeit aber ist eine Haltung, die Jesus von allen fordert, die ihm nachfolgen. Sie bezieht sich auf seine Wiederkunft:
    Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr (Christus) kommt... (Mk 13,35)
  3. Der Hahn spielt eine bedeutende Rolle in der Leidensgeschichte:
    Als Jesus vor dem höchsten Gericht der Juden stand, saß Petrus draußen im Hof.
    Da trat eine Magd  zu ihm und sagte: Auch du warst mit diesem Jesus in Galiläa zusammen. Doch er leugnete vor allen Leuten und sagte: Ich weiß nicht, wovon du redest.
    Und als er zum Tor hinausgehen wollte, sah ihn eine andere Magd und sagte zu denen, die dort standen: Der war mit Jesus von Nazareth zusammen. Wieder leugnete er und schwor: Ich kennen den Menschen nicht!
    Kurz darauf kamen die Leute, die dort standen, zu Petrus und sagten: Wahrlich, auch du gehörst zu ihnen, deine Mundart verrät dich.
    Da fing er an, sich zu verfluchen und schwor: Ich kennen den Menschen nicht!
    Gleich darauf krähte ein Hahn, und Petrus erinnerte sich an das, was Jesus gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.
    Und er ging hinaus und weinte bitterlich. (Mt 26,69–75)
  4.  

Was bedeutet also der Hahn auf den Turm?

  • Er weist uns darauf hin, dass Jesus Christus das Licht der Welt ist.
  • Er ruft uns zur Wachsamkeit im Guten.
  • Er ruft uns auf, unseren Glauben an Jesus Christus mutig zu bezeugen.

Diesen Mut, den die Christen in den Ländern der Verfolgung aufbringen, brauchen wir inzwischen durchaus auch schon in Deutschland: 1950 betrug die Zahl der Katholiken noch 46 Millionen, im Jahr 2011 waren es 24 Millionen (abgerundet). (Q 1) Die Zahl der Gottesdienstteilnehmer ging von 1950 bis 1996 von 50,6% auf 18% zurück. (Q 2)

Der Wiener Erzbischof Kardinal Schönborn sagte am 21. Juli 2012 in einem Vortrag:

„Auch wenn das Christentum in Europa weitgehend marginalisiert und als wichtige gesellschaftliche Kraft weniger in Erscheinung tritt, so bleibt es doch für die Zukunft Europas unverzichtbar....Bis zu einem gewissen Grade ist (die Situation) vergleichbar mit der Situation der Christen in den ersten Jahrhunderten...“ Es sehe sich heute in Europa mancherorts auf seine Anfänge zurückverwiesen, d.h. auf die Erfahrung der Existenz in einer „religiös und kulturell pluralen Welt, in einer weitgehend „heidnischen“ Welt, in der die in Jahrhunderten eingeübten christlichen Grundhaltungen verlernt wurden.“ (Q 3)

Diese Situation erlebt auch unser Kind schon ansatzweise. Wir können es fragen, inwieweit es bereits Erfahrungen der Fremdheit gemacht hat, und können ihm Mut und Rückhalt geben.

 

Quellen

(1)   Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e. V. - REMID

(2)   Artikel „Sonntag“, Lexikon für Theologie und Kirche, Band 9, Herder-Verlag 2009

(3)   Google