13. Die Kerzen – Symbol für Jesus Christus
Einführung
1. Die Lichtsymbolik
Wenn wir am Sonntag die Kirche betreten, sind die Kerzen am Altar in der Regel schon angezündet. Sollte das einmal vergessen worden sein, wird man es schnell nachholen.
Warum ist es so wichtig, dass Kerzen brennen?
Im Judentum spielt die Lichtsymbolik eine bedeutende Rolle: Die Menora, der siebenarmige Leuchter, gehörte unaufgebbar zum Tempel. Mit ihren sieben Armen symbolisierte sie den Baum des Lebens im Garten Eden. (Q 1)
Seit der Zerstörung des Tempels durch die Römer im Jahre70 n. Chr. Gibt es die Menora in dieser Form nicht mehr. Wohl aber gilt weiterhin, dass die Lichtsymbolik eine bedeutende Rolle spielt:
“Obwohl Chanukka nur acht Tage im Jahr gefeiert wird, gilt seine Botschaft der Lichter das ganze Jahr über. (A 1) Wir haben andere bedeutende Lichter: jene des siebenarmigen Leuchters, die täglich im Tempel brannten, und Schabbatlichter, die am Freitagabend in jedem jüdischen Haus angezündet werden...“ (Q 2)
Im christlichen Westen sind Kerzen am Altar erst seit dem frühen Mittelalter (7. Jhdt.) üblich.
Im christlichen Osten kennt man diesen Brauch bis heute nicht, allerdings spielen die Kerzen eine bedeutende Rolle vor Ikonen. Dabei gilt die Ehrung nicht in erster Linie den dargestellten Heiligen, sondern Jesus Christus, durch dessen Gnade sie vollendet wurden.
Der Islam kennt die Kerze in religiöser Funktion nicht. In der Moschee wird man Kerzen vergeblich suchen, ihre Verwendung wird aus praktischen und theologischen Gründen abgelehnt. (A 2)
Was aber Judentum, Christentum und Islam eint, ist die Lichtsymbolik. Gott ist Licht, ein Leben ohne Gott ist Finsternis.
AT
Der Herr ist mein Licht und mein Heil. Vor wem sollte ich mich fürchten? (Ps 26,1)
In deinem Lichte schauen wir das Licht. (Ps 35,10)
Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf. (Jes 9,1)
NT
Das Johannesevangelium bezeugt:
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. (Joh 1,9)
Und Jesus bezeugt von sich selbst:
Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis gehen, sondern das Licht des Lebens haben. (Joh 8,12)
Koran
Gott ist das Licht des Himmels und der Erde. (Sure 24,35)
Er ist es, der deutliche Zeichen auf seinen Diener herabsendet, auf dass er euch aus den Finsternissen ins Licht führe. (57,9)
Welche Befreiung Gottes Licht für uns Menschen ist, wird deutlich an dem schauerlichen und zutiefst bedrückenden Gegen-Entwurf: Die Farbe der Satanisten ist schwarz, die Farbe der Finsternis.
Aber nun muss konkret gefragt werden:
Wo sieht man es denn, dass Jesus Christus das Licht der Welt ist? Erfährt nicht auch ein Kind schon die Unerlöstheit der Welt? Wo ist Erlösung sichtbar, greifbar, spürbar?
Natürlich heißt die erste Antwort: Jesus Christus hat uns durch seinen Tod und seine Auferstehung den Weg zum Vater neu eröffnet. Er hat den Tod auch für uns überwunden. Genau das feiern wir ja in der Eucharistie.
Aber wie soll man einem Kind das klar machen?
An diesem Punkt scheint mir die katholische Heiligenverehrung ihren tiefen Sinn zu offenbaren.
Denn was sind Heilige? Menschen, in denen das Licht Jesu Christi aufstrahlt, an denen ablesbar ist, was Erlösung in einer unerlösten Welt bedeutet.
Ein gutes Beispiel ist die hl. Elisabeth (1207 – 1231). Sie fasziniert seit 800 Jahren die Menschen durch ihr christusförmiges Leben. Christusförmig, weil sie in die Tat umgesetzt hat, was Jesus meinte, als er sagte: Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. (Mt 25,40)
In diesen Worten identifiziert sich Jesus mit allen Verachteten, Bedrückten und Leidenden. Das wird an zwei Elisabeth-Bildern aus dem 14. Jahrhundert eindrucksvoll deutlich, die sich heute im Kölner Wallraf-Richartz-Museum befinden:
Beide, der Arme und der Kranke, dem sich die hl. Elisabeth zuwendet, tragen einen Heiligenschein mit Kreuz, d.h. in ihm begegnet uns Jesus Christus selbst.
Am besten drucken wir diese Bilder aus, dann können wir sie mit mehr Ruhe betrachten als am PC.
2. Die Kerze als Symbol der Hingabe
Die brennenden Kerzen am Altar sagen uns also: Jesus Christus ist das Licht der Welt.
Aber sie erinnern uns auch an das Wort Jesu aus der Bergpredigt: Ihr seid das Licht der Welt. (Mt 5,14)
Darüber hinaus gilt: Eine brennende Kerze ist etwas Geheimnisvolles.
- Einerseits ist sie ganz wehrlos. Jedes Kind kann sie auspusten.
- Andererseits steckt in ihr eine ungeheure Energie. Man braucht sich ja nur mit der Hand der Flamme zu nähern, um das zu spüren. Und wenn die Flamme auf etwas Brennbares übergreift, kann sie einen gewaltigen Brand entfachen.
Auch deshalb ist die Kerze ein Symbol für Jesus Christus: Der unbegreiflich große Gott hat sich in Jesus Christus klein und wehrlos gemacht:
Keine andere Religion wagt es, so von Gott zu sprechen. Der Islam findet diese Aussagen unerträglich und wirft den Christen Blasphemie vor. Nach dem Koran hat Gott verhindert, dass Jesus gekreuzigt wurde.
Dass Gott Mensch wird, sich klein und wehrlos macht und schließlich am Kreuz stirbt - als Mensch dürfte man so etwas nicht einmal denken. Nur Gott selbst konnte uns solches offenbaren.
Und warum hat Gott so gehandelt? Es gibt darauf nur eine Antwort: aus Liebe. Das Kreuz ist der höchste Beweis der Liebe Gottes zu uns.
Anmerkungen
(A 1) Chanukka: „Jährliches Fest von acht Tagen, beginnend am 25. Kislew (Nov./Dez.) zur Erinnerung an die Wiedereinweihung des Tempels durch Judas Makkabäus nach der Entweihung durch die Seleukiden... Nach einer talmudischen Legende reichte das wenige Öl, das die Makkabäer im Heiligtum vorfanden, in wunderbarer Weise acht Tage; zur Erinnerung daran wird am Chanukka-Leuchter, beginnend mit einem Licht am ersten Tag, acht Tage lang jeweils ein weiteres Licht angezündet...
Der beim Chanukka-Fest verwendete Leuchter hat acht Arme bzw. Lichter und einen neunten (genannt shammash = Diener), der nur zum Anzünden des Lichtes dient...“ (Q 5)
(A 2) In einem Blog im Internet heißt es:
„Aus diesem Grund (Brandschutz) und auch wegen der Zufluchtnahme zu Allah vor dem Höllenfeuer ist es dem Gläubigen keine echte Freude, wenn Feuer unnötig angezündet wird und wenn Kerzen und Fackeln zum Zweck der Feierlichkeiten brennen (auch an Gräbern). Bei den Gefährten des Propheten war es unbeliebt, aber auch als verschwenderisch anzusehen, Kerzen über das notwendige Maß der Lichtspendung hinaus brennen zu lassen.“
Ein weiterer Kommentar auf der Seite trifft wahrscheinlich das Wesentliche:
Der Qur´an ist die Schrift des Lichtes ohne zerstörerische Flammen...“ (Q 6)
D.h. der Islam als Buchreligion verzichtet auf viele Symbole um der Absolutheit des Korans willen, der als direkte Offenbarung Gottes gilt.
Quellen
(Q 1) vgl. den Aufsatz „Die Menora in der jüdischen Tradition“ von Rabbiner Michael Goldberger:
(Q 2) Marc Stern, Gelebte jüdische Feste, Gütersloher Verlagshaus 1999, S. 137
(Q 5) Johann Maier / Peter Schäfer, Kleines Lexikon des Judentums, KBW 1981, S.67f
(Q 6) Anfrage bei gutefrage.net