28. Die Ämter in der Kirche
Einführung

 

Vorbereitet wird Lisas Erzählung durch das Rollenspiel „Svens Weltreise“ (Anlage 28.a).

Dieser Dialog hat eine doppelte Aufgabe: Er schafft die Voraussetzung für den Lisa-Text (Wasserlauf-Vergleich), und gleichzeitig ermöglicht er es, die eigene Gemeinde in die Weite der Weltkirche hineinzustellen und so die Familie und die Gemeinde als Mikrokosmen der weltweiten Kirche zu begreifen. Dieser Ansatz wird in Lisas Bericht fortgeführt: Ihr Glaube wurde in der Familie grundgelegt und erhielt schließlich beim Weltjugendtag einen (vorerst) letzten entscheidenden Impuls.

 

Das Priesteramt

Grundsätzlich sind alle Aufgaben, die den verschiedenen Ämtern zugeordnet werden, Aufgaben des Priesters. Er darf nicht auf die Eucharistiefeier und die Spendung der Sakramente reduziert werden. Früher gingen Kaplan und Pfarrer in die Schule, den Kindergarten, leiteten Bibelkreise, engagierten sich in der Jugend- und Messdienerarbeit und brachten den Kranken die Kommunion.

Die Entstehung neuer Ämter und die Zusammenlegung von Gemeinden haben die Situation verändert. Wir konzentrieren uns in diesem Kapitel auf die Aufgabe des Priesters, die nur ihm anvertraut ist: die Feier der Eucharistie.

In Kap. 23 hatten wir das Wesen des Priestertums bereits angesprochen. In diesem Kapitel ergänzen wir die Beschreibung um einen wesentlichen Aspekt:

Der Priester ist in der Eucharistiefeier nicht Stellvertreter Christi, denn das würde bedeuten, dass Jesus Christus selbst nicht gegenwärtig ist. Vielmehr hat er den Auftrag, in der Eucharistiefeier Christus sichtbar abzubilden.

Dies entspricht der ostkirchlichen Sicht des priesterlichen Dienstes, die Prof. Michael Kunzler in seiner grundlegenden Darstellung des Priestertums folgendermaßen erklärt:

„`Priester´ ist der zum Priester oder Bischof geweihte Mensch einfach darum, weil er den unsichtbar in seiner Gemeinde gegenwärtigen einzigen Priester Jesus Christus sichtbar abbildet, ihm Gesicht, Stimme und Hand verleiht und ihn so seinen Schwestern und Brüdern, an denen dieser einzige Priester das Heil wirken will, den Sinnen erschließt.

Keineswegs ist der Priester Stellvertreter eines Abwesenden, auch handelt er nicht an seiner Stelle, sondern er ist eine lebendige Ikone des unsichtbar gegenwärtigen und in der Liturgie handelnden Christus; in seinem Dienst wird Christus sinnenhaft erfahrbar.“ (Q 1)

Um diese Glaubenswahrheit für unser Kind anschaulich zu machen - es sieht ja nur den Priester - , wählen wir den Gruß des Priesters zu Beginn der Eucharistiefeier: „Der Herr sei mit euch!“ und stellen ihm die Übersetzung „Der Herr ist mit euch“ zur Seite. (A 1)

Die Tatsache, dass der Priester diese Worte im Lauf der hl. Messe noch dreimal wiederholt, macht deutlich, worum es geht: Die Gläubigen werden immer wieder darauf hingewiesen, dass Christus selbst aktiv handelnd zugegen ist.

Genau so erklärt auch das neue Gotteslob diesen Gruß:

Die Gemeinde feiert Gottesdienst in der Gegenwart des auferstandenen Herrn. (Q 2)

Da allerdings die ostkirchliche Theologie der Ikone unserem Kind noch nicht zugänglich ist, wählen wir den Vergleich mit dem Dolmetscher. Er wurde spontan von dem Kommunionkind geäußert, mit dem wir diesen Kurs erarbeitet haben, und er scheint mir etwas Wesentliches zu treffen:

Einerseits ist der Dolmetscher nicht der Vertreter des Sprechers, denn der Sprecher ist ja als Hauptperson anwesend. Andererseits ist es die Aufgabe des Dolmetschers, deutlich zu machen, was der Sprecher sagt und tut.

Ganz kurz gehen wir auch auf den Gegengruß der Gläubigen ein: Und mit deinem Geiste!

M. Kunzler schreibt dazu:

„Jungmann deutet diese Antwort der Gemeinde noch als Hebraismus, der auch ganz einfach übersetzt werden könnte mit „und auch mit dir“. Verwiesen wird aber auch auf die Interpretation, wonach mit „Geist“ die Amtsgnade des Amtsträgers als Gabe des Heiligen Geistes gemeint ist. So bezieht Johannes Chrysostomos „dein Geist“ auf den im Amtsträger seit seiner Weihe innewohnenden Geist… Diese Deutung verdient nach Bernhard eindeutig den Vorrang und verdeutlicht zudem, dass der liturgische Gruß samt dem Gegengruß dem geweihten Amtsdiener vorbehalten ist und im genannten Sinne einer kleinen Fürbitte der Gemeinde für ihren Bischof, Priester und Diakon verstanden werden kann.“ (Hervorhebung durch den Kursautor) (Q4)

 

Anmerkungen

(A 1) Wir folgen damit Theodor Schnitzler, der zu diesem Thema sagt:

„Der Herr sei mit euch!“ Diese deutsche Fassung des Grußes enthält einen Segenswunsch. Das lateinische und das griechische Original enthalten zugleich die Feststellung einer Tatsache. Man müsste eigentlich übersetzen: „Der Herr ist mit euch.“ ... Der Vergleich mit dem Gruß des Engels in Nazaret macht die Sache klar. Gabriel sagt: „Dominus tecum!“ Wir übersetzen: „Der Herr ist mit dir!“ Wir denken gar nicht daran zu sagen: „Der Herr sei mit dir!“ (Q 3)

 

Quellen

(Q 1) Michael Kunzler, Liturge sein - Entwurf einer Ars celebrandi, Bonifatius-Verlag, Paderborn, 2. Auflage 2009, S. 40 mit Bezug auf Kallistos Ware, Man, Woman and the Priesthood of Christ

(Q 2) Nr. 582.2 LITURGISCHER GRUSS

(Q 3) Theodor Schnitzler, Was die Messe bedeutet - Hilfen zur Mitfeier, Herder 1976, S. 51

(Q 4) Michael Kunzler, a.a.O., S. 398