Lisa reist nach Rio
Anlage 28.b für unser Kind

 

J = Journalistin, L = Lisa

J

Lisa, wie alt sind Sie? Darf ich das fragen?

L

Natürlich, warum nicht. Ich bin 25.

J

Und Sie bezeichnen sich als gläubige Christin?

L

Ich versuche es zu sein.

J

Gut. Nun ist es ja heutzutage überhaupt nicht selbstverständlich, dass Jugendliche überzeugte Christen sind. Erzählen Sie uns doch bitte, wie Sie zu Ihrer Überzeugung gekommen sind.

L

Gerne. Ich möchte mit einem Vergleich anfangen.
Mit dem Glauben war es bei mir so wie mit einem Fluss. Ein Fluss beginnt ja mit der Quelle und wird dann zu einem kleinen Bach, der kleine Bach wird zum großen Bach, und der wird zum Fluss und schließlich zu einem großen, breiten Strom wie der Rhein oder die Donau.

Nun kann man fragen: Warum wird aus dem Bach ein Strom? Und die Antwort ist ganz einfach: Das liegt an den vielen Nebenflüssen, die er im Lauf seines Lebens aufnimmt. Von rechts und von links kommt immer wieder ein Bach oder ein Fluss dazu, und jedes Mal wird unser Fluss breiter und breiter.
So war es bei mir mit dem Glauben, auch wenn es zwischendurch mal eine Trockenperiode gab, aber davon später.

J

Das ist ein schöner Vergleich. Wie kommen Sie darauf?

L

Ach, das ist eine Kindheitserinnerung. Als mein Bruder acht Jahre alt war, hatte mein Vater eine tolle Idee: Er hat mit ihm eine Flaschenpost in das Flüsschen gesetzt, das in unserer Nähe vorbeifloss. Die Vorstellung, dass diese Flaschenpost eines Tages das große, weite Meer erreichen würde, hat meinen Bruder damals fasziniert.

J

Wirklich eine schöne Idee. Sie haben sie auf den Glauben übertragen. Was meinen Sie denn mit der Quelle und den Nebenflüssen?

L

Ganz einfach. Die Quelle und der erste kleine Bach, das ist bei der Entstehung des Glaubens das Elternhaus. Meine Eltern sind gläubig, und es war selbstverständlich, dass wir jeden Sonntag zur Messe gingen. Meine Mutter hat mir viel aus der Kinderbibel vorgelesen, und vor dem Essen wurde immer gebetet. Wie wenig selbstverständlich das war, das merkte ich erst später, wenn ich bei anderen Leuten einmal zum Essen eingeladen wurde.

J

Und was wäre dann der erste Nebenfluss?

L

Das war der katholische Kindergarten. Ich hatte eine Erzieherin, die uns viele religiöse Lieder beigebracht hat, zu Weihnachten und Ostern und so.

Und der zweite Nebenfluss war eindeutig meine Klassenlehrerin in der Grundschule. Sie hat einen sehr guten Religionsunterricht gegeben und war auch als Mensch sehr überzeugend.

J Nun bin ich gespannt, was der dritte Nebenfluss war.

L

Der dritte Nebenfluss - ja das war eindeutig unser Pfarrer. Er ist ein ausgesprochen glaubwürdiger Priester. Er feiert die Messe mit großem Ernst und konzentriert und verfügt dabei über eine sehr gewinnende Volksnähe.

Besonders gern erinnere ich mich an die Familienmessen, die alle vier Wochen stattfanden. Da kam er nach dem Kanon vom Altar herab in den Mittelgang, und wenn er dann in Höhe der ersten Bankreihe stand, forderte er uns auf, mit den Händen eine Kette zu bilden, und so haben wir miteinander das Vaterunser und den Friedensgruß gebetet. Das war für mich immer ein eindrucksvolles Zeichen für die Gemeinschaft aller Getauften, gleich ob sie ein Amt in der Kirche haben oder nicht. Der Pfarrer war es auch, der mich motiviert hat, nach der Erstkommunion Messdienerin zu werden.

Ich muss überhaupt sagen: Mit meiner Pfarrgemeinde hatte ich unwahrscheinliches Glück. Denn auch der Diakon war Klasse. Als Mensch war er überzeugend, und wenn er während der hl. Messe in seinem Diakonengewand dem Priester assistierte, spürte man, wie ernst er den Dienst am Altar nahm. Dieser Dienst am Altar ist ja auch das Vorrecht des Diakons, dafür hat er eine eigene Weihe empfangen.

Er predigte relativ selten, aber ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn er dran war, denn seine Predigten waren so lebensnah und anschaulich.

Er hat in meiner 12. Klasse den Exerzitienkurs geleitet, und ich erinnere mich an ein persönliches Gespräch mit ihm. Es war am letzten Abend. Eigentlich hatte ich große Hemmungen, zu ihm zu gehen, aber nachträglich war ich sehr froh, dass ich es gemacht habe. Ich habe ihm von dem Stress erzählt, den ich damals mit meinem Freund hatte. Er hat mich voll verstanden und mir viel Mut gemacht. Schade nur, dass er mir nicht die Beichte abnehmen durfte, er war ja kein Priester. In dem Moment wäre das der natürliche Abschluss des Gespräches gewesen. Er hat mich aber ermutigt, die Beichte abzulegen, und das habe ich dann beim Weltjugendtag gemacht.

So, jetzt bin ich schon in der 12. Klasse gelandet, ich muss aber unbedingt noch meinen Kommunionunterricht erwähnen. Auch da hatte ich Glück mit meiner Katechetin. Das war nämlich unsere Pastoralreferentin, sie war unwahrscheinlich gut drauf und gleichzeitig sehr ernsthaft, wenn es um den Glauben ging. Vor allem hat sie uns nicht wie kleine Kinder behandelt, sondern uns ernst genommen, und wir haben eine Menge bei ihr gelernt.

Später habe ich dann erfahren, dass sie damals auch im der Frauenabteilung des Jugendgefängnisses arbeitete, das hat mir enorm imponiert.

J

Also wenn ich mir das alles so anhöre, muss ich sagen: Es klingt ziemlich unwahrscheinlich, so viele tolle, gläubige Menschen!

L

Ja, ich weiß, es klingt unwahrscheinlich, aber ich kann es ja nicht ändern, es war wirklich so. Es war eben eine super Pfarre. Auch der Organist zog mit, er war ein ausgezeichneter Musiker und gab Orgelkonzerte in ganz Deutschland.

Was mir bei ihm besonders gefiel: Es waren nicht einfach Konzerte, wie sie heute in vielen Kirchen veranstaltet werden, wo die Leute reinkommen und reden und sich gar nicht bewusst sind, dass sie in einer Kirche sind. Unser Organist hat die Konzerte immer in Form einer Orgelvesper gemacht, also in einem liturgischen Rahmen, so ähnlich wie die Even Songs in England.

Aber eigentlich wollte ich etwas ganz anderes erzählen Ich habe immer gerne gesungen, deshalb war ich dankbar, dass er in unserer Pfarre einen Kinder- und Jugendchor gegründet hat. Der hatte ein recht hohes Niveau, wir sind auch auswärts aufgetreten. Aber er sah die Chorarbeit nicht nur unter musikalischem Gesichtspunkt, sondern auch als Verkündigung. Wenn ein neuer Chorsatz eingeübt wurde, hat er immer zuerst etwas zum Text gesagt. Leider tun das viele Chorleiter nicht mit dem Argument, sie bräuchten die Zeit fürs Einüben. Aber bei ihm dauerte das nur zwei bis drei Minuten, mit dem Erfolg, dass man den Chorsatz erst richtig begriffen hat, denn die Musik will doch die Aussage des Textes unterstützen.

Also. es war wirklich eine super Pfarre. Bestimmt gab es auch bei uns Probleme und Auseinandersetzungen, aber die habe ich wohl nicht mitgekriegt.

Allerdings muss ich ehrlicherweise sagen: Alle diese Einflüsse haben nicht verhindern können, dass ich mit 15 die ganz große Krise kriegte.

J

Wie meinen Sie das?

L

Na ja, in dem Alter verlor ich das Interesse an der Religion, Germanys next Topmodel und Markenklamotten waren jetzt angesagt. Es gab ziemlich viel Zoff zu Hause, und die Gläubigkeit meiner Eltern fing an, mich zu nerven. Glücklicherweise haben sie mich nicht gezwungen, weiter in die Kirche zu gehen.

J

Und wie lange hat diese Phase gedauert?

L

Ungefähr zwei Jahre.

J

Und wie haben Sie dann zum Glauben zurückgefunden?

L

Durch einen Fahrradunfall. Das war so:

Ich fuhr auf einer belebten Straße in unserer Stadt an parkenden Autos vorbei. Plötzlich öffnete ein Fahrer seine Tür, ich knallte dagegen und stürzte auf die Straße. Ergebnis: Armbruch und jede Menge Prellungen. Mein Glück war, dass in dem Augenblick kein Auto hinter mir war, sonst wäre ich überfahren worden.

So kam ich ins Krankenhaus, und da hatte ich eine Bettnachbarin, die mich bekehrt hat.

J

Wie hat sie denn das gemacht?

L

Indem sie gar nicht versucht hat, mich zu bekehren. Das hätte ich mir damals auch nicht gefallen lassen. Aber wir waren uns einfach von Anfang an sympathisch, trotz des Altersunterschieds. Sie war 25, so wie ich jetzt, und ich war 17. Aber wir verstanden uns trotzdem. Sie hatte zwar mit Germanys next Topmodel und Markenkleidung nichts am Hut, das war schnell klar, aber bei ihr störte mich das irgendwie nicht.

Am dritten Tag fragte sie ganz unvermittelt, ob ich gläubig wäre. Ich sagte: Wieso meinst du das? Sie sagte: Aus dem, was Du über Dein Elternhaus erzählt hast, könnte man das folgern.

Na, ich will es kurz machen. Es entspann sich ein sehr intensives Gespräch, in dem sie mir erzählte, dass ihre Eltern Glauben und Kirche total ablehnen und dass sie mich beneidete, weil ich mit meinen Eltern über den Glauben sprechen konnte.

Das war der Augenblick, wo ich zum ersten Mal erkannte, welche Schätze mir meine Eltern und Erzieher mitgegeben hatten, und ich schämte mich, dass ich all das gegen so wertloses Zeug wie Fernsehshows aufgegeben hatte. Und meine Scham verstärkte sich noch, als Melanie mir erzählte, dass sie Mitglied von Sant´ Egidio ist und in ihrer Freizeit in einem deutschen Slum arbeitet.

J

In einem deutschen Slum? Gibt es so was?

L

Ja, das gibt es. Natürlich nicht in der krassen Weise, wie z.B. in Lateinamerika, aber es gibt auch in deutschen Städten bestimmte Straßen, wenn Du da wohnst, hast Du z.B. bei der Jobsuche ganz schlechte Karten. Dort unterrichtete sie in ihrer Freizeit Kinder, weil Bildung die einzige Möglichkeit ist, sich aus diesem Ghetto zu befreien.

Melanie hat mir mächtig imponiert. Und dass sie religiös war und mit ihrer Gruppe regelmäßige Gebetsstunden abhielt, erschien mir plötzlich ganz organisch.

Sie hat mich auch motiviert, zum Weltjugendtag nach Köln zu fahren. Der begann ungefähr zwei Monate, nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen worden war.

J

Das war 2005.

L

Ja, ich war damals, wie gesagt, 17.

Sechs Jahre später, 2011, bin ich dann zum Weltjugendtag nach Madrid gefahren und 2013 nach Rio.

Diese Weltjugendtage waren ein überwältigendes Erlebnis. Zum ersten Mal traf man Jugendliche aus aller Welt, die alle gläubig waren.

Wissen Sie, in der Oberstufe meiner Schule war der Glaube kein Thema, vom Religionsunterricht mal abgesehen. Die einzige Mitschülerin, mit der ich über religiöse Fragen sprechen konnte, war eine Muslima. Und auf den Weltjugendtagen erlebte ich nun wirklich Weltkirche.

Melanie und die Weltjugendtage - das waren vielleicht die mächtigsten Nebenflüsse für meinen Glauben, denn die Jugendlichen aus Asien, Afrika und Lateinamerika, die hatten einen so natürlichen und frohen Glauben, da konnte man nur neidisch werden.

So, jetzt wissen Sie alles über meinen Glaubensweg.

J

Ja, Lisa, vielen Dank, das war sehr eindrucksvoll!

Viele Menschen haben Lisa geholfen, den Glauben zu finden und zu festigen. Im Laufe des Interviews erwähnt Lisa mehrere Personen, die Ämter in einer Pfarrgemeinde ausüben. Du findest sie in der folgenden Tabelle wieder. Mache nun bei allen Aufgaben ein Kreuzchen, welche von den im Interview genannten Personen erfüllt werden!

 

Pfarrer

Diakon

Pastoral-/ Gem.-ref.

Organist/in

Eucharistie feiern

       

Exerzitien leiten

       

Jugendchor leiten

       

Beichte hören

       

Kommunionkurse leiten

       

bei der hl Messe assistieren und predigen

       

Seelsorge im Gefängnis

       

Orgelkonzerte

       

 

Der Priester: Pfarrer und Kaplan

Ein Pfarrer hat sehr viele Aufgaben. Wenn er mehrere Pfarreien zu versorgen hat, weiß er heutzutage kaum, wie er sie alle bewältigen soll. Manche Aufgaben nehmen ihm der Diakon und die Pastoral/Gemeindereferent/innen ab. Eine Aufgabe aber kann nur er erfüllen: die Feier der Eucharistie. Deshalb wollen wir uns diesem Thema noch einmal zuwenden.

Zunächst wiederholen wir die beiden wichtigsten Aussagen des Kap. 23:

  • Nur ein Priester darf die Wandlung vollziehen, weil er ein besonderes Sakrament empfangen hat. Welches?
  • Kein Priester kann das Wunder der Wandlung vollziehen.

In der Epiklese, die der Priester vor der Wandlung betet, heißt es dazu:

Darum bitten wir dich: Sende deinen Geist auf diese Gaben herab und heilige sie, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus.

Wer vollzieht also die Wandlung?

Die Rolle des Priesters in der Eucharistiefeier

Bei der hl. Messe ist Jesus Christus selbst gegenwärtig:

  • Wann spricht er zu uns?
  • Wann kommt er zu uns?
  • Und warum hat er Priester eingesetzt? Kreuze von den beiden Antworten die richtige an:
 

Der Priester soll Jesus Christus vertreten so wie z.B. ein Lehrer einen anderen vertritt, weil dieser abwesend ist.

 

Der Priester hat von Jesus Christus den Auftrag, uns deutlich zu machen, dass Jesus Christus selbst gegenwärtig ist.

Der Priester ist also nicht der Stellvertreter Christi. Man könnte ihn eher mit einem Dolmetscher vergleichen. Denn welche Aufgabe hat der Dolmetscher? Und wo ist der Sprecher, dessen Worte der Dolmetscher übersetzt? Dasselbe gilt für Jesus Christus!

Und woran können wir erkennen, dass Jesus Christus unter uns ist?

Das erklärt Dir jetzt Deine Mutter bzw. Dein Vater! (siehe Leitfaden)

 

Zusammenfassung

  1. Das Wort „Kirche“ kann ein Gebäude bezeichnen. Es kann aber auch eine Gemeinschaft von Menschen bezeichnen.
    1. Wie wird man Teil dieser Gemeinschaft?
    2. Was geschieht in der Taufe? Denk an den Weinstock und die Reben!
  2. Die Kirche besteht aus verschieden großen Gemeinschaften (Familie, Gemeinde, Bistum, Weltkirche). Welche ist die kleinste?
  3. Lisa wagte es, sich bei den Exerzitien dem Diakon in einer sehr persönlichen Angelegenheit anzuvertrauen. Sie schätzte ihn, weil sie ihn in seinem Dienst als Diakon erlebt hatte. Wann und wo war das?
  4. Was beeindruckte sie besonders bei ihrer Pastoralreferentin?
  5. Beichte hören und Eucharistie feiern darf nur der Priester, denn er hat ein besonderes Sakrament empfangen. Wie heißt es?
  6. Warum ist es irreführend zu sagen: In der Eucharistiefeier vertritt der Priester Jesus Christus?
  7. Mit welchen Worten weist uns der Priester darauf hin, dass Jesus Christus unter uns ist?