Gottesdienstbesuch unter Lebensgefahr im Jahr 2011

Anlage 4.a

 

In der Broschüre „Der Irak – Christen im Land der Propheten“ berichtet der Journalist André Stiefenhofer von einer Irak-Reise im Jahr 2011 und zitiert Aussagen irakischer Christen und Kirchenvertreter:

 „Seit die „Koalition der Willigen“ 2003 unter der Führung der USA das Regime von Saddam Hussein gestürzt hat, gibt es keine Sicherheit mehr im Irak. Die Regeln des friedlichen Zusammenlebens zwischen Volksgruppen und Religionen, die Jahrhunderte lang mal schlecht, mal recht, aber doch im Großen und Ganzen funktionierten, wurden mit einem Schlag weggewischt. Ein Bürgerkrieg brach aus, und Sunniten kämpften gegen Schiiten, Araber gegen Kurden, alle gegen die Westalliierten, und mittendrin standen schutzlos zwischen allen Fronten die irakischen Christen...“ (41f)

„Früher waren wir alle einfach nur Iraker. Ich hatte muslimische Nachbarn, mit denen ich mich wunderbar verstanden habe.“ Durch den Einmarsch der US-Amerikaner habe sich alles verändert. Die Sicherheit brach zusammen, und in das politische Vakuum drängten radikal-islamische Gruppen, die das Land ins Chaos stürzten. „Seitdem wird in den Moscheen nur noch Intoleranz gepredigt, und die politischen Islamisten bezahlen Verbrecher dafür, dass sie Jagd auf Christen machen...“ (21)

„Diese Fanatiker wollen uns Christen aus dem Irak vertreiben.“ (38)

„Früher, das heißt vor 2003, gab es im Irak noch über eine Million Christen. Wie viele sind es heute noch? Statistiken sind im Orient mit Vorsicht zu genießen, aber nach allem, was ich gehört und gelesen habe, sind es heute nicht mehr als 300.000...“ (29)

Besonders bedrängt sind die Christen in der nordirakischen Millionenstadt Mossul...Für Christen ist es in Mossul...lebensgefährlich, auf die Straße zu gehen. Viele verbarrikadieren sich seit Jahren in ihren Wohnungen und verlassen sie nur zum Kirchgang. Die Einkäufe lassen sie von muslimischen Nachbarn erledigen.

Dazu der Erzbischof von Mossul:

„In den vergangenen Jahren war Mossul eine sehr gefährliche Stadt – ganz besonders für uns Christen. Mein Vorgänger, Erzbischof Faraj Raho, wurde entführt und ermordet. Ebenso wurden viele unserer Gläubigen getötet, darunter auch ein Priester. Darum haben die meisten Christen Mossul inzwischen verlassen. Im Zentrum der Stadt hatten wir früher acht Pfarreien, jetzt sind es nur noch drei...(45)

Ergreifen Sie bessere Sicherheitsmaßnahmen als Ihr Vorgänger? Mehr Leibwächter zum Beispiel?

„Nein, ich habe keinen einzigen Leibwächter. Es ist besser für die Sicherheit, sich ohne Leibwächter zu bewegen. Wenn mich immer jemand begleiten würde, zöge das nur die Aufmerksamkeit auf sich. Ohne Leibwächter kann ich mich unauffälliger bewegen. Ich wechsle oft meine Autos und nehme immer unterschiedliche Wege. Im Grunde bewege ich mich wie ein Geheimagent...In den letzten Monaten hat sich die Situation leicht verbessert...aber es ist schwer zu sagen, ob es so bleibt. Denn in der Vergangenheit hat es immer wieder Zeiten gegeben, in denen die Lage sich beruhigte. Doch dann haben die Angriffe wieder begonnen. Es stimmt, was Ihnen die Christen in Deutschland gesagt haben: Sie wurden auf den Straßen bedrängt und getötet, oft sogar in den eigenen Häusern...

Und welche Antwort geben Sie den Menschen? Wie können die Christen in Mossul leben?

Die ständige Angst vor dem Tod und der Verfolgung führt dazu, dass der Mensch seine Menschlichkeit verliert. Es ist darum besser, an das Leben heute in diesem Moment zu denken. Ich führe die Menschen zu einem innerlichen, christlichen Leben, damit sie die christlichen Prinzipien und Werte in sich bewahren. Das ist das einzige Heilmittel für unsere Angst vor der Zukunft und dem Tod.


Haben Sie den Eindruck, dass die Gläubigen Ihre Botschaft verstehen?

Natürlich! Und auch ich habe viel von unseren Gläubigen gelernt. Vor allem, dass der Glaube umso stärker wird, je schwieriger die Situation ist...Am Ende der vergangenen Fastenzeit gab es eine Ausgangssperre, doch meine Gläubigen sind dennoch an Gründonnerstag und Karsamstag mehr als eine Stunde zu Fuß zur Kirche gegangen. Kein Mensch war sonst auf der Straße, und der Weg zur Kirche war lebensgefährlich. Doch nichts konnte sie aufhalten... (49ff)

aus:

Der Irak – Christen im Land der Propheten, Verlag Kirche in Not / Ostpriesterhilfe, 1. Auflage 2011, 77 Seiten, Bericht von einer Reise in den Irak

 

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