Auseinandersetzung um die Position des Altars
Anlage 14.b
Der Kirchenraum geht auf die jüdische Synagoge zurück. (Q 1) Die zentrale Bedeutung Jesu Christi für den Gottesdienst führte allerdings zu entscheidenden Umgestaltungen. Eine davon ist die Hinzufügung des Altars als Ort des eucharistischen Opfers.
In der nachkonziliaren Theologie trat der Opfercharakter der Eucharistiefeier gegenüber dem Mahlcharakter zurück. Zudem wurde nun vor allem die communio, die Gemeinschaft der Feiernden, betont. Damit änderte sich die Zelebrationsrichtung: Vorher waren Gemeinde und Priester gemeinsam nach Osten ausgerichtet, auf die Wiederkunft des Herrn hin. Jetzt wendete sich der Priester dem Volk zu und bildete mit ihm im Idealfall einen Kreis.
Die unterschiedliche Auffassung vom Wesen der Eucharistiefeier wirkte sich auch auf die Position des Altares aus. Früher stand er an der Ostwand, nun rückte er so weit wie möglich nach vorn.
War die alte Ausrichtung nach Osten falsch? War die Zelebrationsrichtung „mit dem Rücken zum Volk“ falsch?
Joseph Ratzinger, nun Papst Benedikt XVI., beschreibt in seinem Buch „Der Geist der Liturgie“ die Gefahr, wenn Mahl- und Gemeinschaftscharakter verabsolutiert werden:
„Immer weniger steht Gott im Blickfeld, immer wichtiger wird alles, was die Menschen tun, die sich hier treffen... Die Wendung des Priesters zum Volk formt nun die Gemeinde zu einem in sich geschlossenen Kreis. Sie ist – von der Gestalt her – nicht mehr nach vorne und oben aufgebrochen, sondern schließt sich in sich selber. Die gemeinsame Wendung nach Osten... bedeutete nicht, dass der Priester „dem Volk den Rücken zeigt“... Es handelte sich... vielmehr um die Gleichrichtung von Priester und Volk, die sich gemeinsam in der Prozession zum Herrn wussten.“
Müssen nun die Kirchen wieder umgebaut werden? Nein: „Es wäre sicher verfehlt, die neuen Gestaltungen des 20. Jahrhunderts in Bausch und Bogen zu verwerfen. Es war berechtigt, den oft allzu weit von den Gläubigen entfernten Altar wieder an das Volk heranzurücken.“
Der Papst macht dann einen Kompromissvorschlag: „Wo die direkte gemeinsame Zuwendung zum Osten nicht möglich ist, kann das Kreuz als der innere Osten des Glaubens dienen. Es sollte in der Mitte des Altares stehen und der gemeinsame Blickpunkt für den Priester und für die betende Gemeinde sein. So folgen wir dem alten Gebetsruf, der an der Schwelle der Eucharistie stand: „Conversi ad Dominum“ – Wendet euch zum Herrn hin.“
Quellen
(Q 1) Joseph Ratzinger, Der Geist der Liturgie, Herder 2007 (2), S. 62 ff