Franz von Assisi wird vom Wort Gottes getroffen.

Anlage 17.b

 

Vor 800 Jahren lebte in Assisi / Mittelitalien ein Mann namens Francesco. Der Name heißt übersetzt: Der kleine Franzose. Wie kam der Vater dazu, seinem Sohn einen solchen Namen zu geben?

Francescos Vater war ein äußerst erfolgreicher Tuchhändler und hatte es zu einem großen Vermögen gebracht. Er war der reichste Mann von Assisi. Auf Geschäftsreisen hielt  er sich häufig in Südfrankreich auf, und da er Frankreich so liebte, erfand er diesen Namen für seinen Sohn.

Francesco wuchs heran und half seinem Vater im Laden. Er war intelligent, hatte ein freundliches Wesen, machte gern Scherze und war bald bei allen Kunden beliebt. Der Vater war stolz auf ihn, weil er ein vorzüglicher Tuchhändler zu werden versprach.

Nur eines machte dem Vater Sorgen: Francesco konnte das Geld nicht zusammenhalten. Er war großzügig und verschwenderisch, insbesondere wenn es galt zu feiern. Und er feierte ständig. Auf den Partys war er Hahn im Korbe. Er übertrumpfte alle mit seinen verrückten Ideen, und wenn er nach kräftigem Weingenuss auf den Tisch sprang, wussten alle: Jetzt hält er wieder eine seiner feurigen Reden. Die bestanden vor allem aus Komplimenten für die vornehmen jungen Damen von Assisi. Dann streiften die Jugendlichen mitten in der Nacht durch die Stadt und stellten sich vor den Häusern der Mädchen auf. Francesco spielte auf der Laute und sang dazu die rührendsten Liebeslieder, so lange, bis die Schöne sich endlich auf dem Balkon zeigte oder aber genervt einen Eimer Wasser über den Sänger ausgoss.

Dem Vater gefiel dieses Treiben nicht. Aber da Francesco am nächsten Morgen pünktlich im Geschäft erschien, ließ er ihn gewähren.

Eines Tages geschah etwas Schockierendes. Francesco machte einen Spazierritt auf seinem feurigen Rappen in der Umgebung von Assisi, als das Pferd plötzlich scheute. Unmittelbar vor ihm stand ein Leprakranker. Dessen Krankheit war schon in fortgeschrittenem Zustand, die Hände und Füße waren nur noch Stümpfe, mit schmutzigen Lappen umwickelt, das Gesicht war zerfressen, er sah aus wie ein Dämon. Francesco wich entsetzt zurück. Schon wollte er sich zur Flucht wenden, da überwand er sich, stieg vom Pferd, umarmte den Aussätzigen und küsste ihn. Dabei wusste er, dass er sich anstecken konnte und dass es bei Lepra keine Heilung gab. Aber er begriff zum ersten Mal die Oberflächlichkeit seines bisherigen Lebens.

In den nächsten Monaten ritt Francesco immer wieder zum Leprosenhaus, wo er den Eiter von den schwärenden Wunden der Aussätzigen wusch.

Die Erfahrung von Krankheit und Tod veränderte Francesco grundlegend. Er verließ seine Zechkumpanen und zog sich in eine Höhle zurück. Aber noch wusste er nur, was er nicht tun sollte. Noch fehlte eine klare Vorstellung, was er tun sollte.

Da machte er eine zweite Erfahrung, die seinem Leben endgültig die entscheidende Richtung gab. Es war die Begegnung mit Jesus Christus im Evangelium.

In einer Eucharistiefeier hörte er den Aussendungsbefehl Jesu an seine Jünger:

Geht und predigt... Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel. Nehmt keine Vorratstasche mit, keinen zweiten Rock, keine Schuhe, keinen Wanderstab.  (Mt 10,7.9f)

Diese Worte hatte er schon oft gehört, aber sie hatten ihm nichts gesagt. Jetzt traf das Wort ihn wie ein Blitz. Jetzt wusste er, was er zu tun hatte, Er begriff, dass Jesus lebendig war, dass er im Gottesdienst unsichtbar gegenwärtig war und dass Jesus selbst durch das Evangelium zu ihm gesprochen hatte.

Franziskus führte den Befehl Jesu wörtlich aus: Er begann, in völliger Armut zu leben und durch das Land zu wandern, barfuß und mit einem Strick um den graubraunen Rock, um überall zu predigen und Frieden zu stiften.

Bald schlossen sich ihm junge Leute an. Zunächst wurden sie verhöhnt und als Verrückte behandelt, man legte ihnen Klötzchen in die Hände und fragte, ob sie nicht spielen wollten. Man schlug sie, beschuldigte sie, Faulenzer und Diebe zu sein, Kinder bewarfen sie mit Dreck. Aber Franscesco und seine Brüder ertrugen alle Schmähungen, ohne sich zu wehren. Sie verdienten sich Essen und Trinken, indem sie bei den Bauern arbeiteten, aber nie nahmen sie Geld, sondern immer nur Essen und Trinken. Wenn niemand sie aufnehmen wollte,  übernachteten sie unter Torbögen oder auf freiem Feld.

Ihre unendliche Geduld,  ihre Demut, ihre Fröhlichkeit und ihre rührende gegenseitige Liebe ergriffen viele Leute. Manche taten erschüttert Buße, verschenkten ihre Habe und schlossen sich ihnen an.

Fransceso selbst aber bewirkte mit seinen Predigten wahre Wunder. Familienväter und

-mütter, die sich den Wanderpredigern nicht anschließen konnten, traten dem Dritten Orden bei. Damit verpflichteten sie sich, untereinander in Eintracht zu leben, nie einen Bruder oder eine Schwester vor Gericht zu verklagen, alles unrecht erworbene Gut zurückzugeben, keine öffentlichen Ämter anzunehmen und keine Waffen zu tragen. Dieses Programm der Gewaltlosigkeit führte dazu, dass verfeindete Ritter ihre Waffen niederlegten, sich versöhnten und dass ganze Städte Frieden miteinander schlossen.

Innerhalb von nur 20 Jahren wuchs die franziskanische Bewegung über Italien hinaus und verbreitete sich in ganz Europa, und 80 Jahre später sah man Franziskaner in Syrien, Marokko und Tunesien, in Russland und Armenien, Persien und Ägypten und sogar in Indien, der Mongolei und China.

 frei nach Gisbert Kranz, Sie lebten das Christentum, Pustet-Verlag 1980 (4), S. 392 ff

 

Fragen

  1. Franziskus änderte sein Leben nach einem schockierenden Erlebnis. Wer stand plötzlich vor ihm?
  2. Was war an dem Leprakranken so schockierend?
  3. Franziskus verstand, dass ihm in dem Leprakranken Jesus Christus begegnete. Kennst Du eine andere Heilige, wo das so ähnlich war? (Zur Hilfe legen wir das Bild der Hl. Elisabeth von Kap. 13 vor.)
  4. Wie weist der Maler uns darauf hin, dass der Hl. Elisabeth in dem Armen Christus begegnete?
  5. Franziskus hatte eine zweite Christusbegegnung, dieses Mal in der Kirche bei der Hl. Messe. Weißt Du noch, an welcher Stelle der Hl. Messe das war?
  6. Kennst Du die Namen der vier Evangelisten? Es gibt dafür eine praktische Abkürzung: Mama Lujo.